Was ist Coaching?
In der Supervision liegt der Schwerpunkt auf der generellen Überprüfung der eigenen Rollensituation und des persönlichen Rollenverhaltens im Kontext der Arbeitsbeziehungen und der Arbeitsorganisation. Wer ein Coaching „bucht“, erwartet konkrete Interventionen, die gezielt helfen sollen, das individuelle Verhaltens- oder Effizienzprofil zu verbessern.
Das Coaching enthält somit Trainingselemente, die auf reale, meist ganz aktuelle Handlungssituationen „on the job“ zugeschnitten sind. Der hohe Wert der Effizienz in unserer Arbeitswelt hat dazu geführt, dass sich das Coaching einer besonderen Beliebtheit erfreut, hinter der die Erwartung steht, über die optimale Anpassung der Person an ihre Rolle möglichst rasch die wahrgenommene „Störung“ beseitigen zu können. Meist ist das Problem bereits vorderhand definiert und vom Coach wird nun erwartet, dass er im Sinne dieser vorgegebenen Definition mit dem Problemträger eine Lösung erarbeite und einübe, die seine Leistungen möglichst rasch auf ein befriedigendes Niveau hebe. Wenn Supervision in der Regel als längerfristiger Prozess des Begleitens und Reflektierens angelegt ist, so sind Coachings eher kurzfristige Interventionen.
Wo liegt das Problem?
Der Vorteil, der in der Fokussierung auf ein eng begrenztes Phänomen liegt, ist leider sehr oft trügerisch. Dann nämlich, wenn der/die am Coaching interessierte KlientIn* ("Coachee") nicht nur Problemträger ist, sondern darüber hinaus Symptomträger eines tieferen Systemproblems, das sich in den Schwierigkeiten des Klienten / der Klientin* mit seiner/ihrer* Rolle artikuliert.
* Im Folgenden verzichte ich der besseren Lesbarkeit des Textes wegen auf die weibliche Form. Die Leserinnen bitte ich um Verständnis. Sie sollen sich nicht weniger angesprochen zu fühlen als die Leser.
Das Coaching wird in solchen (gar nicht seltenen) Fällen auf eine Symptombehandlung reduziert, wo eine Auseinandersetzung mit den dahinter liegenden Ursachen angesagt wäre. Ein Coaching-Auftrag kann daher seriöserweise nicht angenommen werden, ohne die Vordefinitionen zu überprüfen, die allzu leicht Systemdefizite auf persönliche Schwächen reduzieren und damit verdecken. Ohne eine systemkritische Abklärung der Ursachen von Defiziten oder Konflikten ist keine dauerhafte Problemlösung zu erzielen. Erneute Schwächen in der Rollen-„Performance“ des Klienten nach Abschluss des Coachings ließen schließlich den Schluss zu, dass der Klient für die ihm zugewiesenen Funktionen eben ungeeignet und damit die offensichtliche Fehlbesetzung zu korrigieren sei. Und aus Erfahrung muss hinzugefügt werden, dass die Problemanalysen selten die reine Personalisierung des Problems oder Konflikts bestätigen. Der Kontrakt für einen Coachingprozess sollte also diesen „diagnostischen Vorbehalt“ einer system- und organisationskritischen Analyse des vorliegenden Problems beinhalten. An dieser Frage lässt sich prüfen, wie ernsthaft der Auftraggeber, oft der Vorgesetzte oder der Arbeitgeber des Klienten, an einer soliden Lösung (die möglicherweise ihn auch tangieren könnte) interessiert ist.
Ein professionelles Coaching kommt also nicht um eine sorgfältige diagnostische Arbeit herum, in der die Systemanteile und die in der Person des Klienten begründeten Anteile am Problem klar herausgearbeitet werden. Es liegt auf der Hand, dass die Problemlösung infolgedessen auch auf beiden Ebenen zu suchen und zu erarbeiten ist. Auch bei der Problemlösung ist der systemische Zusammenhang von der Person des Problemträgers und seinem Umfeld (wieder)herzustellen und aktiv einzubeziehen.
Kompetenzen des Coaches
Im Coaching fließen daher Elemente sowohl von Supervision als auch von Organisations-/Teamentwicklung mit solchen zusammen, die wir im engeren Sinne mit dem Begriff Coaching assoziieren. Der Begriff "Coach" bedeutet ja ursprünglich Kutsche und bezeichnet auch den Kutscher, also den, der die Kutsche lenkt und die Pferde versorgt. Uns ist der "Coach" am geläufigsten aus dem Sport. Dem Coach obliegt die gezielte, maßgeschneiderte Leistungsförderung einer Mannschaft und des einzelnen Sportlers.
Coaching in der Berufs- und Arbeitswelt überschneidet sich mit den verwandten Interventionen "Beratung" und "Supervision" , ohne sein eigenes Profil und seine spezifische Zielsetzung zu verlieren. Die Kompetenzen des Coachs umfassen neben den Trainingskompetenzen in Gesprächs- und Verhandlungsführung, Konfliktmanagement, Beraterverhalten, Rhetorik, Sprache und Körpersprache, folglich auch theoretische und praktische Kenntnisse der Supervision, der Gruppendynamik sowie der Team- und Organisationsentwicklung.
Peter Waltner